slider

Advanced Persistent Threat (APT) - Prof. Dr. Norbert Pohlmann

Advanced Persistent Threat (APT)

Advanced Persistent Threat (APT) als gezielter Angriff mit komplexen Angriffstechnologien- und Taktiken

Was ist ein Advanced Persistent Threat (APT)?


Unter einem Advanced Persistent Threat (APT) wird in der Regel ein gezielter Angriff mit komplexen Angriffstechnologien- und Taktiken sowie aufwendigen Hintergrundinformationen eines Opfer-IT-Systems und dessen Umgebung verstanden.

Großer Aufwand, lange unentdeckt sowie ein erheblicher Schaden

Dabei nimmt der erfahrende Angreifer einen großen Aufwand auf sich (Advanced), um erfolgreich auf ein Opfer-IT-System zuzugreifen und möglichst lange (Persistent) unentdeckt zu bleiben. So kann er über einen längeren Zeitraum Informationen ausspähen oder Schaden anrichten. APT sind vor allem durch intelligente Malware wie Stuxnet und Flame bekannt geworden.

Advanced Persistent Threat (APT) als gezielter Angriff mit komplexen Angriffstechnologien- und Taktiken
Abbildung: Advanced Persistent Threat (APT) – © Copyright-Vermerk


Beipiele von Advanced Persistent Threat (APT) Angriffe

1.) Angriff auf ein Unternehmen
Ein Angreifer verschafft sich einen ersten Zugang auf ein IT-System eines Mitarbeiters in einem Unternehmen, zum Beispiel durch eine Malware-Infiltration über einen schadhaften E-Mail-Anhang. Dann sorgt der Angreifer mit der Schaffung einer individualisierten Malware dafür, dass er den Zugang etabliert, um sich im IT-System frei bewegen zu können und seine Spuren zu verwischen. Anschließend verschafft sich der Angreifer mit zusätzlichen Angriffstechniken mehr Administrationsrechte, um die Kontrolle über weitere IT-Systeme zu bekommen und damit lateral in große Teile des Netzwerks zu gelangen. So sammelt der Angreifer umfangreiches Wissen über vorhandene Schwachstellen, Funktionen, Werte, usw. auf den IT-Systemen des Unternehmens und kann darüber eine Strategie für den eigentlichen Angriff entwickeln und erfolgreich umsetzen.

2.) Angriff auf einen Steuerberater (Eine Geschichte)
Ein Steuerberater bekommt per E-Mail mitgeteilt, dass ein Angreifer eine Kopie seiner kompletten Mandantenkartei über einen längeren Zeitraum gestohlen hat. Der Steuerberater sollte 100.000 Euro Zahlen, sonst würde der Angreifer den gesamten Datenbestand veröffentlicht. Auf die Nachfrage, wie der Steuerberater sichergehen könne, dass er nicht immer wieder zahlen müsse, antwortet der Angreifer, als Zeichen der Vertrauenswürdigkeit, mit einer Referenzliste. In dieser Referenzliste standen die Kontaktdaten derjenigen Steuerbüros, die mit einer Zahlung tatsächlich die Veröffentlichung dauerhaft abgewendet haben.

Advanced Persistent Threat - Geschichte Steuerberater
Abbildung: Advanced Persistent Threat – Geschichte Steuerberater © Copyright-Vermerk


Eine weitere und spannende Farge war, warum gerade 100.000 Euro, und nicht 50.000 oder 250.000 Euro?
Dieser Frage sind Experten auf den Grund gegangen, die das Steuerbüro zu Hilfe geholt hat. Sie wurden fündig: Der Angreifer hatten sich tief in die IT des Steuerberaters eingenistet. Hier waren keine Hobby-Hacker am Werk, sondern ein Profi mit einem langfristigen „Geschäftsmodell“, das die Lösegeldzahlung als einmalige und deshalb für die Opfer lohnenswerte Investition vorsieht. Der Angreifer hatten jahrelang jede digitale Bewegung beobachtet, geduldig die betriebswirtschaftliche Entwicklung des Steuerbüros verfolgt, dann plötzlich zugeschlagen. Er hatte abgewartet, bis das Geschäft für den Angreifer einträglich, aber zugleich für den Steuerberater wirtschaftlich verkraftbar war.


Der Angriffszyklus von Advanced Persistent Threats (APT)

Ein Advanced Persistent Threat (APT) Angriff kann anhand eines Angriffszyklus beschrieben werden, in dem die komplexe Vorgehensweise dargestellt wird.

Advanced Persistent Threat - Angriffszyklus
Abbildung: Advanced Persistent Threat – Angriffszyklus © Copyright-Vermerk

1. Ziel definieren

Als erstes wird die Opfer-IT-Infrastruktur definiert und festgelegt, was mit dem Angriff erreicht werden soll und aus welchem Grund. Mithilfe des Angriffs ist es zum Beispiel möglich, die Geschäftszahlen eines Unternehmens über einen längeren Zeitraum zu beobachten oder eine Fertigung so zu manipulieren, dass die Qualität der Produkte schlechter wird, aber diese gerade noch durch die Qualitätskontrolle kommen.

2. Team finden und organisieren

Für einen Advanced Persistent Threat (APT) macht es Sinn, ein Team aufzubauen, dass den Angriff gemeinsam durchführt. In Anhängigkeit, welche Opfer-IT-Infrastruktur angegriffen werden soll, werden meist unterschiedliche Kompetenzen benötigt – um Beispiel entsprechend für ein Opfer-IT-Infrastruktur das aus Standardsystemen besteht oder für spezielle Produktionssysteme. Bei Standard-Systemen können in der Regel viele Experten mit ihren Standard-Tools helfen. Bei Produktionssystemen ist es sinnvoll, dediziert Experten einzubinden, die darauf spezialisiert sind.

3. Tools erstellen oder erwerben 

Damit der Angriff erfolgreich umgesetzt werden kann, werden Angriffstools benötigt. Diese sind für Standardsysteme als Open Source erhältlich oder können käufliche erworben werden. Für spezielle Systeme müssen diese hingegen meist individuell erstellt oder die generellen Tools darauf angepasst werden.

4. Ziel untersuchen

Um den Angriff vorzubereiten, ist es notwendig die Opfer-IT-Infrastruktur zu untersuchen. Dabei soll eruiert werden, welche Hard- und Software im Unternehmen eingesetzt wird. Im nächsten Schritt erfolgt die Suche dahingehend, ob es entsprechend dazu öffentlich bekannte Schwachstellen gibt, über die sich ein Angriff ermöglichen lässt. Mithilfe von Open Source Intelligence (OSINT) können weitere sicherheitsrelevante Informationen, die aus frei verfügbaren offenen Quellen gesammelt werden (z.B. Social Media- und Berufsnetzwerke, Nachrichten, Webseiten), zusammengetragen werden. Diese sind in der Regel sehr hilfreich für die Vorbereitung von Angriffen. Siehe Open Source Intelligence (OSINT)

Weitere Möglichkeiten, an sicherheitsrelevante Informationen wie etwa Passwörter oder Schwachstellen zur Opfer-IT-Infrastruktur zu kommen, sind:

Social Engineering

Penetrationstest

5. Erkennungssysteme austesten 

Um bei einem Angriff nicht entdeckt zu werden, macht es Sinn, als erstes zu testen, ob die Opfer-IT-Infrastruktur mit Erkennungssoftware arbeitet und wie diese umgangen werden kann. Dies ermöglicht zusätzlich die Suche nach weiteren Schwachstellen.

6. Angriff starten

Wenn alle sicherheitsrelevanten Informationen vorhanden sind, kann der Angriff gestartet werden. Zum Beispiel mithilfe von Spear Phishing-E-Mails unerlaubt Malware auf dem Notebook des Adminstrators zu installieren. Auf dieser Basis kann im Weiteren mit den Rechten des Administrators auf die Opfer-IT-Infrastruktur zugegriffen werden.

7. Erster Eingriff

Fall es gelungen ist, in die Opfer-IT-Infrastruktur einzudringen, beginnt die Orientierungsphase. Dabei werden alle IT-Systeme der Opfer-IT-Infrastruktur analysiert und nach dem eigentlichen Ziel gesucht.

8. Verbindung initialisieren

Damit der Angriff weiter in Ruhe und langfristig umgesetzt werden kann, sollte eine Verbindung aus der Opfer-IT-Infrastruktur nach Außen zum Angriffsteam etabliert werden. Diese Verbindung wird für den Austausch von Daten und (Angriffs-)Tools genutzt werden. 

9. Zugänge erweiterten, Rechte erhalten

In dieser Phase sorgt das Team mit weiteren und speziellen Angriffstechniken dafür, zusätzliche Zugänge und dazu passende Administrationsrechte zu erhalten. 

10. Verankerung verstärken

Das Ziel ist, zunehmend mehr IT-Systeme der Opfer-IT-Infrastruktur unter Kontrolle zu bekommen, um damit lateral den Zugriff auf möglichst alle IT-System zu erhalten. Diese Phase dauert so lange, bis eine maximal notwendige Bewegungsfreiheit erreicht wurde.

11. Daten exfiltrieren, sonstige Aktivitäten

Fall es bei einem Angriff um das Entwenden von Daten geht, können diese über die bestehende Verbindung aus der Opfer-IT-Infrastruktur versendet werden. Bei Ransomware-Angriffen ist es unter anderem möglich, zusätzlich die Verschlüsselung aller Daten umzusetzen. Beim Angriff auf Produktionssysteme könnten diese zum Beispiel manipuliert oder ausgeschaltet werden.

12. Spuren verwischen und unentdeckt bleiben

Der Erfolg eines APT-Angriffs hängt davon ab, ob es gelingt, in der Opfer-IT-Infrastruktur verborgen zu bleiben. Um zu vermeiden, dass die angegriffene Organisation aus dem Angriff lernen kann, versuchen Angreifer alle Spuren zu beseitigen: Dazu gehört das Löschen von Inhalten in Logdateien, das Austragen der erlangten Rechte und so einiges mehr. Wenn dies erfolgreich durchgeführt wird, kann zum Beispiel das Entnehmen von Daten unentdeckt bleiben. Zudem ermöglicht dies den Angreifern zu einem späteren Zeitpunkt einen zweiten Zugriff mit den etablierten Angriffsmethoden sowie der arrivierten Vorgehensweisen durchzuführen.




Weitere Informationen zum Begriff “Advanced Persistent Threat (APT)”:



GDPiRated – Stealing Personal Information On- and Offline

Supply Chain Security – Wie sich Lieferketten vor Angriffen schützen lassen

Daten gegen Diebstahl sichern

Plenty of Phish in the Sea: Analyzing Potential Pre-Attack Surface



Cyber-Sicherheit

Cyber-Sicherheitsgefahr

Cyberwar

Drive-by-Download



Cyber-Sicherheit Frühwarn- und Lagebildsysteme

Sichtweisen auf die Cyber-Sicherheit


Zurück zur Übersicht




Summary
Advanced Persistent Threat
Article Name
Advanced Persistent Threat
Description
Bei einem Advanced Persistent Threat (APT) nimmt ein erfahrende Angreifer einen großen Aufwand auf sich (Advanced), um erfolgreich auf ein Opfer-IT-System zuzugreifen und möglichst lange (Persistent) unentdeckt zu bleiben. So kann er über einen längeren Zeitraum Informationen ausspähen oder Schaden anrichten.
Author
Publisher Name
Institut für Internet-Sicherheit – if(is)
Publisher Logo
Advanced Persistent Threat (APT) als gezielter Angriff mit komplexen Angriffstechnologien- und Taktiken
Advanced Persistent Threat (APT) Prof. Dr. Norbert Pohlmann - Cyber-Sicherheitsexperten