Im Sinne der Gesellschaft – Wissenschaft als Helfer für angewandte Ethik in der KI-unterstü - Prof. Dr. Norbert Pohlmann
Im Sinne der Gesellschaft – Wissenschaft als Helfer für angewandte Ethik in der KI-unterstützten IT | |
U. Coester, N. Pohlmann (Institut für Internet-Sicherheit): Im Kontext der Digitalisierung , und insbesondere vor dem Hintergrund der dadurch prädizierten Effizienzsteigerung, wird der Künstlichen Intelligenz (KI) eine hohe Bedeutung beigemessen. Ebenso in Bezug auf die IT-Sicherheit gehen Experten davon aus, dass KI entscheidend dazu beitragen wird, die strategische Abwehr von Cyber-Angriffen zu optimieren. Doch trotz aller Euphorie sollten hier neben den Chancen auch die daraus potenziell resultierenden Risiken in Betracht gezogen werden. Denn der Einsatz von KI ist mit Implikationen verbunden, die auf die gesamte Gesellschaft wirken, von daher ist es nicht nur ratsam, sondern sogar erforderlich Anwendungen – auch im Bereich IT-Sicherheit – unter ethischen Aspekten zu analysieren und bewerten. Auch wenn die Vorteile beim Einsatz von KI unbestritten sind, so gibt es doch substanzielle Gründe für eine dedizierte Urteilsfindung bezüglich der anwendungsbezogenen Nutzung. Ein wesentlicher ist, dass dem Gros der Menschen im Regelfall die Kenntnisse zur Beurteilung von Technologien fehlt und sie somit erwarten, dass die Unternehmen – konkret die Mitgestalter der digitalen Evolution – ihrer Verantwortung für die Folgenabschätzung sowie den ethisch vertretbaren Einsatz von KI gerecht werden. Diese Verantwortlichkeit resultiert im Wesentlichen auch daraus, dass im speziellen der Einsatz von KI nicht nur einzelnen Personengruppen Nachteile bringen, sondern ganzen Gesellschaften massiv Schaden zufügen kann. Denn während einer Person hierdurch eventuell ein Verlust bezüglich der digitalen Sicherheit, Privatsphäre , Reputation oder auch die Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung droht potenzieren sich die möglichen Folgen für die Gesellschaft um ein Vielfaches. Angefangen bei der Schwächung der Wirtschaftskraft eines Landes, denn bei Unternehmen steigt aufgrund der zunehmenden Komplexität sowie dem Einsatz von KI die Verwundbarkeit und somit das Risiko zur Zielscheibe von Angriffen zu werden. Des Weiteren sind, aufgrund dieser Faktoren, auch negative Effekte in Bezug auf die nationale Sicherheit oder die politische Stabilität als mögliche Konsequenzen denkbar. Anwendung von KI zur Steigerung der IT-Sicherheit Um auf dieses Gefahrenpotential künftig besser vorbereitet zu sein und diesem auch mit geeigneten Maßnahmen etwas Entgegen setzen zu können, ist der Einsatz von KI definitiv zu prüfen. Hier gibt es bereits diverse Anwendungsszenarien, die die Vielfalt in diesem Bereich demonstrieren. So zählt beispielsweise das Detektieren von Angriffen über ein Netzwerk oder Endgeräte zu den wichtigsten Punkten in Hinblick auf die Reduzierung von Risiken. Das automatisierte Erkennen von sicherheitsrelevanten Ereignissen – etwa zur Priorisierung – ist extrem hilfreich, um Cyber-Sicherheitsexperten von zeitaufwendigen Analysearbeiten zu entlasten. Damit Entwicklungsunternehmen* in der Lage sind, ihr eigenes Handeln bezüglich eines werteorientierten und vertrauenswürdigen Umgangs mit KI-Anwendungen zu reflektieren wurde im Institut für Internet-Sicherheit if(is) im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekt das informationstechnische Ethik.KI.Tool konzipiert und realisiert, um Unternehmen bei diesem Prozess zu unterstützen. Unter Einsatz dieses Tools kann Entwicklungsunternehmen, auf Basis ausreichend zur Verfügung gestellter profunder Informationen, ein Ergebnis für die relevanten ethischen Fragestellungen ausgearbeitet und präsentiert werden. Folgende Phasen werden bei der Nutzung des Ethik.KI.Tool durchlaufen: 1. Phase: In dieser Phase werden die ethische Werte, die allgemein bei KI-basierten Anwendungen eine Rolle spielen, im spezifischen Kontext untersucht. Diese sind – verkürzt dargestellt – im Einzelnen: Fairness & Gerechtigkeit Gleichheit Solidarität Toleranz Freiheit Kontextuelle Integrität 2. Phase: In dieser Phase bearbeiten die verantwortlichen Mitarbeiter mit dem Ethik.KI.Tool nacheinander die folgenden Kategorien: 1.) Grundsatzfragen vor der Nutzung des Ethik.KI.Tool Hier wird vorab überprüft, ob die vorliegende KI-basierte Anwendung personenbezogene Daten nutzt oder, ob mit dieser, eventuell Werte der Gesellschaft verletzt werden. 2.) Die Kategorie ethische Reflexion zum Einsatz von KI-basierten Anwendungen dient zur Selbsteinschätzung, gegen welche ethischen Werte potenziell verstoßen wird. 3.) Die Kategorie Operationalisierung genereller ethischer Prinzipien behandelt die Frage der Kontrolle und Verantwortlichkeiten bezüglich Datengewinnung und -nutzung. 4.) Die Kategorie Datengewinnung und -nutzung für die betrachtete KI-basierte Anwendung überprüft die hier relevanten Kriterien wie Aktualität und Vollständigkeit. 5.) Die Kategorie Durchsetzung der Informationellen Selbstbestimmung bei der KI-basierten Anwendung dient der eigenen Auditierung, ob diese optimal umgesetzt wird, zum Beispiel bezüglich der Bereitstellung von Zugriffsmöglichkeiten auf persönliche Informationen. 6.) Die Kategorie Rechtliche Aspekte der Daten für die betrachtete KI-basierte Anwendung fragt die Umsetzung der vorgeschriebenen Regeln ab, etwa in Bezug auf die Möglichkeiten zur Löschung. 7.) Die Kategorie IT und IT-Sicherheit für die betrachtete KI-basierte Anwendung handelt die wichtigen Fragen nach den IT-Sicherheitszielen, dem Level der IT-Sicherheitsmaßnahmen sowie die IT-Sicherheit der verwendeten KI-Technologie und -Anwendungen ab. 3. Phase: Die Ergebnisse des Ethik.KI.Tool werden für jeden Schritt und als Gesamtheit aufgeführt. Dabei findet eine Klassifizierung von „Grün“ bis „Rot“ mit den entsprechenden Zwischenstufen statt. GRÜN: Die KI-basierte Anwendung ist aus ethischer Sicht (völlig) unbedenklich. Die wesentlichen Kriterien und Werte der Gesellschaft werden angemessen berücksichtigt. ROT: Die KI-basierte Anwendung ist aus ethischer Sicht abzulehnen. 4. Phase: Insbesondere im Hinblick auf die Zwischenstufen ist es für Unternehmen sinnvoll, gemeinsam mit Beratern die Ergebnisse im Rahmen eines Workshops aufzuarbeiten und die weitere Vorgehensweise für die Erreichung einer wertekonformen KI-basierten Anwendung zu entwerfen. … Weitere Informationen zum Thema “Wissenschaft als Helfer für angewandte Ethik”:
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